KIRCHENNACHRICHTEN
Oktober 02024 und November 2024
für die Gemeinde Waldenburg, mit den Orten Franken, Schlagwitz, Schwaben, Dürrenuhlsdorf, Ziegelheim, Niederwinkel, Oberwinkel/Ebersbach
Monatsspruch Oktober
Die Güte des Herrn ist´s, dass wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu und deine Treue ist groß.
(Klagelieder 3, 22-23
Liebe Gemeinde“
„Wie geht es dir?“ „Danke, ich kann nicht genug klagen.“ Dialoge dieser Art hört man in letzter Zeit häufig, und wenn es so verläuft, ist ja immerhin noch ein kleiner Hauch Humor im Spiel. Viele klagen und beklagen sich über als ungerecht empfundene Verhältnisse und persönliche Einschränkungen, häufig in anklagendem Ton. Sie glauben zu wissen, wer schuld ist an den Benachteiligungen, und sparen nicht an Schuldzuweisungen.
In der Bibel findet sich ein ganzes Buch voller Klagen – die Klagelieder Jeremias, aus dem der Monatsspruch für Oktober entnommen ist. Und Jeremia hat wirklich echten Grund zum Klagen. Die Babylonier hatten die Stadt Jerusalem zerstört, und vom heiligen Tempel war nur noch ein trostloser Trümmerhaufen übriggeblieben. Viele Bewohner wurden dann als Gefangene in langen, beschwerlichen Fußmärschen nach Babylonien gebracht, wo sie dem Siegervolk als Sklaven dienen mussten. Dieses entsetzliche Geschehen hat Jeremia vor Augen, als er seine Klagelieder anstimmt. Er kann nicht genug klagen angesichts der Tragödien, die sich in seinem Umfeld abgespielt haben.
Solche Klagen begegnen uns in den Schriften der Glaubensväter häufig, und das zeigt uns, dass gläubige Menschen nicht dazu verpflichtet sind, jeden Kummer, jedes Problem wegzulächeln. Es ist völlig legitim, Beschwerden zu benennen und Klagen auszusprechen – sofern es sich nicht um oberflächliches Jammern auf hohem Niveau handelt und wir uns an die richtige Adresse wenden.
Das wird oft ein lieber, verständnisvoller Mensch sein, ein guter Zuhörer, bei dem man sein Herz ausschütten kann. Vor allem aber ist es Gott selbst, unser Vater im Himmel, denn niemand hat mehr Verständnis dafür, wie sich ein zerbrochenes Herz anfühlt, als er. Deshalb sind die Klagelieder allesamt nach oben gerichtet, an Gottes Adresse.
Viele Christen wissen aus eigenem Erleben, wie befreiend und entlastend es sein kann, unbeantwortete Fragen und bedrückende Sorgen bei Gott abzulegen. Verhängnisvoll wäre es, wenn man in so einer Lage Gott kündigen und den Glauben aufgeben würde, weil man meint, Gott hätte uns im Stich gelassen.
Jeremia lässt die Verbindung zu Gott nicht abreißen, auch nicht im dunklen Tal, denn er hat Gott kennengelernt als den, der sich nicht zurückzieht, wenn es ernst wird. Er beklagt sich bei Gott über Gott, aber dann, als er sich seinen Kummer von der Seele geredet hat, spricht er ein neues Bekenntnis aus: „Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu.“
Gott verspricht nicht, dass sich bestimmte erwünschte Lebensverhältnisse auf Erden wiederherstellen lassen, dass ich Besitz und Gesundheit wieder in vollem Umfang zurückerlange. Aber Gott sagt den Seinen zu, dass er sich unwiderruflich an ihre Seite stellt. Selbst wenn ich alles verliere, was Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen mir nehmen können - Gott kann ich nicht verlieren, und ich werde ihn auch nicht verlieren, denn „deine Treue ist groß“.
Wer Gott sein Leid klagt, kann wieder Hoffnung schöpfen. Ohne Gott kann das Klagen zur Verzweiflung führen. Mit Gott kann mitten im Klagelied sogar plötzlich ein Loblied hörbar werden – wie bei Jeremia. Es ist das Lob aus der Tiefe, das aus der Gewissheit kommt: „Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Römer 8, 39)
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Pfarrer Ulrich Becker
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